Nach der Zuchtzulassungsprüfung vom 21. April sind gegen Entscheide der Wesensrichterin drei Rekurse eingereicht worden. Diese Rekurse mussten vom Zentralvorstand des SKBF auf Grund von Formfehlern in der Punkte-Bewertung geschützt werden.
Inzwischen werden in Berufung auf diese Rekurse von einigen Mitgliedern des SKBF Sinn, Inhalt und die Durchführung der Wesensprüfung in Frage gestellt.
Für die ordnungsgemässe Durchführung der Zuchtzulassungsprüfungen ist die Zuchtkommission des SKBF zuständig und verantwortlich. Aus diesem Grund nimmt der ZK-Präsident an dieser Stelle zu den Fragen und Vorwürfen Stellung:
Es gibt zu dem oben dargelegten auch einige ganz grundlegende Gedanken, die zu den Verhaltensbeurteilungen gemacht werden müssen.
Ein guter Züchter, ein guter Wesens- und Schönheitsrichter zeichnet sich dadurch aus, dass er die Vorzüge eines Hundes erkennen kann. Fehler und Schwächen erkennen kann jeder, das ist sehr einfach. Als Richter überrascht mich trotzdem immer wieder, wie „ungnädig“ die Hunde ausserhalb des Ringes heruntergerichtet werden.
Der SKBF ist gegenüber der SKG und der Schweizer Bevölkerung eine Verpflichtung eingegangen, die einerseits in den Statuten dargelegt sind und andererseits noch klarer im Zuchtreglement formuliert sind. Nämlich:
Der SKBF verpflichtet sich bei der Zuchtzulassung von Beaucerons die Prioritäten an die Qualität der Zuchttiere wie folgt festzulegen:
Die Reihenfolge der Prioritäten ist nach absteigender Gewichtigkeit aufgelistet.
Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass
Massstab für den SKBF ist die Reihenfolge der im Zuchtreglement gelisteten Prioritäten. Aus diesem Grund gibt es Eigenschaften, bei denen es nur ein JA oder NEIN für die Zuchtzulassung geben kann. Solche klare und eindeutige Entscheide kann es nur bei phänotypischen Gesundheitsmerkmalen (die von Auge erkennbar sind) oder genetisch bedingten Merkmalen geben, die durch einen Gentest unzweifelhaft feststellbar sind.
Bereits bei der HD, ist die Sache nicht mehr eindeutig und klar. Deshalb werden auch Hunde mit nicht perfekten Hüftgelenken zur Zucht zugelassen. Der Grund liegt in der Heritabilität der HD, die im Bereich von 0,2 bis 0,4 liegt. Ein Wert der nicht sehr hoch ist. Er bedeutet, dass das klinische Bild (HD-Grad) dieser multifaktoriell bedingten Skelett-Erkrankung, lediglich zu 20% - 40% genetisch bedingt ist. Der Rest sind Umweltfaktoren, zu denen nicht nur Futter und Aufzucht, sondern auch die Qualität der Röntgenbilder und der Auswertung zählen.
Aus verschiedenen Gesprächen mit Mitgliedern habe ich unter anderem entnommen, dass die Reproduzierbarkeit unserer Wesens- / Verhaltensprüfung nicht gegeben sei. Und wir diese so umgestalten sollten, dass die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse gewährleistet werden könne. Ich gehe davon aus, dass diese „Forderung“ auf missverstandener Fachliteratur beruht.
Reproduzierbar sind Testergebnisse nur unter Laborbedingungen,
Und auch bei solchen Laborbedingungen sind die Testergebnisse nur bedingt reproduzierbar, nämlich bei eindeutigem und klarem Verhalten des Hundes, das keinerlei Interpretation durch den Beobachter erfordert (beispielsweise: der Hund legt sich hin, oder er bleibt stehen).
Eine Prüfung unter Laborbedingungen ist jedoch vollkommen unrealistisch und in der Praxis eines Rasseklubs nicht durchführbar.
Die Beurteilung des Verhaltens eines Hundes wird immer vom Wissen und der Erfahrung des Beobachters abhängen, der die wechselnden Umwelteinflüsse (dazu gehören eben die Unterschiede in der Testanlage, die wir nicht beeinflussen können, wie Alter des Hundes, Erfahrung des Halters, Gesundheitszustand des Halters, Wetter, usw.) in seiner Beurteilung berücksichtigen können muss.
Zurückkommend auf meine Überlegungen weiter oben, kann das Ziel der Wesens- / Verhaltensprüfung ganz einfach beschrieben werden.
Es sollen damit Hunde von der Zucht ferngehalten werden, deren Verhalten für Menschen und / oder Tiere eine Gefahr birgt. Sei dies durch ein auf Grund unserer Erfahrung nicht kontrollierbares Aggressionsverhalten oder durch ein auf Grund unserer Erfahrung nicht kontrollierbares Angstverhalten.
Mehr können wir vernünftigerweise nicht tun. Dies auch auf Grund der eher niedrigen Heritabilität von Verhaltenseigenschaften und weil wir die Abhängigkeiten (die zweifellos bestehen) zwischen Exterieureigenschaften und Verhaltensweisen nicht kennen.
Der Genetiker M.B.Willis hat zu einzelnen Verhaltenseigenschaften die Vererblichkeit publiziert:
Studie zur Erblichkeit hundlicher Eigenschaften (Willis, M. B.,1992)
Es ergaben sich folgende Heritabilitäten(Beispiele):
Aus diesen komplexen Gründen hat sich der SKBF vernünftigerweise entschlossen, bei der Schönheit und beim Verhalten, die Hürde für die Zuchtzulassung möglichst tief anzusetzen.
Dies unabhängig davon woher ein Hund stammt und wem dieser Hund gehört.
Ich hoffe mit dem oben dargelegten, Fragen beantwortet und Unsicherheiten geklärt zu haben.
Angelo Steccanella, Präsident ZK
Tierschutzverordnung:
Art. 28 Zucht von Hunden und Katzen
1 ()
2 Bei der Zucht von Hunden ist die Selektion unter Berücksichtigung des Einsatzzweckes darauf auszurichten, Hunde mit ausgeglichenem Charakter, guter Sozialisierbarkeit sowie geringer Aggressionsbereitschaft gegenüber Menschen und Tieren zu erhalten.
3 Zeigt ein Hund ein Übermass an Aggressionsverhalten oder Ängstlichkeit, so ist er von der Zucht auszuschliessen.