Ist Braun wirklich eine historische Beauceron-Farbe?

Seit spätestens 1945 gilt die Fellfarbe Braun (Brown and Tan) beim Beauceron als zuchtausschliessend. Die einzige historische Quelle, die überhaupt braune Beaucerons erwähnt, ist ein Artikel von 1922 (!), in dem Archille Malric auf Beobachtungen aus dem Jahr 1809 zurückgriff. Darin werden neben grau, fauve und charbonniert auch „rote“ Beaucerons erwähnt – vermutlich ist damit braun gemeint.

Bereits 1896 legte eine Kommission den ersten offiziellen Standard fest. Damals waren noch mehrere Farben zugelassen, etwa fauve und grau – braun jedoch nicht.

Mit der Standardrevision von 1955 wurde die Palette schliesslich auf die bis heute gültigen Farben noir et feu und arlequin beschränkt, da die übrigen Varietäten schlicht nicht mehr vorkamen.

Durch den Zweiten Weltkrieg schrumpfte die Hundepopulation in Frankreich – wie auch in anderen Ländern – massiv. Davon war auch der Beauceron betroffen. Um die Rasse zu erhalten, mussten immer wieder Hunde mit unbekannter Abstammung nach sorgfältiger Typisierung in den Zuchtbestand aufgenommen werden. Diese Praxis wurde in Frankreich bis Ende des 20. Jahrhunderts häufig angewendet. So wurde beispielsweise die Merle-Farbe Ende der 1970er-Jahre über den stammbaumlosen Rüden „Sam“ wieder in den Beauceronbestand eingebracht.

Die Fellfarbe Braun (Brown and Tan) dürfte ebenfalls auf Hunde unbekannter Abstammung zurückgehen, die versteckt (rezessiv) die Anlage für Braun (Brown and Tan) in ihren Genen bereit hielten. Eine direkte Verbindung zum ursprünglichen Genbestand von 1809 ist nicht nachweisbar und unwahrscheinlich.

Wie wahrscheinlich ist die Geburt brauner Welpen?

Braun ist genetisch rezessiv (bb), während Schwarz mit Loh (B_) dominant ist. Werden seit 1945 konsequent keine bb-Tiere zur Zucht zugelassen, sinkt die Häufigkeit des braunen Allels q. Träger (Bb) können jedoch unbemerkt bleiben.

Bei zufälliger Verpaarung entspricht der Anteil brauner Welpen ungefähr q2. Über Generationen hinweg (unter Selektion gegen bb) kann man die Häufigkeit des braunen Allels näherungsweise mit folgender Formel berechnen:

wobei t die Anzahl der Generationen seit 1945 ist (ca. 20–30, bei einer Generation von 3–4 Jahren).

Beispielrechnung (jährlich ca. 2 500 Welpen in Frankreich)

Startwert q0 qt nach 20–30 Generationen Erwartete braune Welpen pro Jahr qt2
5 % 2,0–2,5 % 1,0–1,6
10 % 2,5–3,3 % 1,6–2,8
20 % 2,9–4,0 % 2,0–4,0

Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Jahr mindestens ein brauner Welpe geboren wird, liegt je nach Szenario zwischen ca. 63 % und 98 %.

Die Wahrscheinlichkeit hängt vom aktuellen Anteil des braunen (rezessiven) Allels q ab.


Mit 2500 Welpen/Jahr gilt im Mittel:

erwarteter Abstand (Jahre)

Beispiele (pro Jahr fallen im Mittel 2500⋅ braune Welpen; der Kehrwert ist der Abstand):

  • q= 0,06250 Welpen/Jahr → ≈ alle 16 Jahre

  • q= 0,250 Welpen/Jahr → ≈ alle 4 Jahre

  • q= 0,56250 Welpen/Jahr → ≈ alle 1,8 Jahre

  • q= 1,01 Welpe/Jahr → ≈ jedes Jahr

  • q= 2,252 Welpen/Jahr → ≈ alle 5 Monate

  • q=4,0%  → 4,04 Welpen/Jahr → ≈ alle 3 Monate

Wenn durch konsequente Trägerselektion q sehr klein ist (z. B. q=0,2%, läge der Abstand bei ≈ 100

Die geschätzte Häufigkeit von q liegt bei etwa 1 %, höchstens 2 %. Anders ausgedrückt: Unter 5 000 bis 10 000 in Frankreich geborenen Welpen ist statistisch mit etwa einem einzigen „Braun mit Loh“-Welpen zu rechnen

Wurde das Gen für Braun durch einige typisierte Hunde – wie weiter oben beschrieben – in den Zuchtbestand eingebracht, ist die Wahrscheinlichkeit, Welpen mit Braun und Loh zu erhalten, deutlich geringer.